Prävention per Internet

Ein Beitrag von Hans Cousto

Im Internet gibt es mehr und mehr Informationen zu Drogen, seriöse, aber auch unseriöse. Es gilt bei der Recherche die seriösen Informationen aus der Gesamtmenge aller Informationen herauszufiltern. Bislang konnte man dies mittels intelligenter Begriffskombinationen unter Verwendung von Suchmaschinen recht gut bewerkstelligen, doch in letzter Zeit zeigte es sich, daß gewisse Suchmaschinen (gute) Informationen aus ihrem "Angebot" herausfiltern. Diesem Trend gilt es entgegenzuwirken.

Vor dem SONICS-Seminar wurde zur Optimierung der hier gegebenen Informationen und zur Vernetzung des SONICS-Netzwerkes mit "Computerprofis" ein Abendworkshop zum Thema Drogeninformationen im Netz beim Chaos Computer Club Köln e.V. veranstaltet. Siehe:

http://koeln.ccc.de/updates/2003-01-13_coustoseminar.html

http://koeln.ccc.de/archiv/openchaos/custo_linkhistory.html

Beides scheint gelungen zu sein. Bei diesem Workshop, an dem gut zwei Dutzend Personen teilnahmen, wurden viele Informationen ausgetauscht und heftig debattiert. DJ vom Chaos Computer Club erklärte sich in der Folge bereit, das SONICS-Netzwerk zu unterstützen, indem er eine Homepage für SONICS mit dem Domain-Name safer-clubbing einrichten will und so eine Plattform für die Kampagne von SONICS bereitstellt und betreut.

Die Websites der Organisationen sind von sehr unterschiedlicher Qualität. Einige sind gut gepflegt und werden immer wieder aktualisiert, andere hingegen wurden mal eingerichtet und fristen eher ein museales Dasein - mit der Folge, daß viele Links nicht mehr funktionieren und die Nutzer derselben mit Fehlermeldungen konfrontiert werden, was nicht gerade motivierend wirkt. Insbesondere die Tatsache daß die beiden Websites von SONICS:

http://www.sterneck.net/sonics/index.html und http://www.eve-rave.de/indexsonics.htm

nicht miteinander verlinkt sind, zeigt, daß einige bei SONICS den Begriff Netzwerk noch nicht so richtig verinnerlicht haben.

Ziel dieses Beitrages ist es, die Vernetzung (nicht nur) im Rahmen des SONICS-Netzwerkes zu fördern um den Nutzern der Internetseiten der einzelnen Organisationen von SONICS eine bessere Navigation im Internet zu drogenspezifischen Themen zu ermöglichen. Gute und vor allem präzise Informationen zu haben ist ja bekanntlich die beste Voraussetzung für die individuelle Drogenkompetenz und Drogenmündigkeit - beides Grundpfeiler jeder vernünftigen Art von Prävention im Sinne von eigenständiger Risikokompetenz.

Die Suchmaschine Google

Google ist eine Volltext-Suchmaschine mit einem Archiv, das zum Zeitpunkt, den 7. August 2002, 22:16 Uhr, genau 2.073.418.204 Web-Seiten (über zwei Milliarden Web-Seiten) umfaßte und stets aktualisiert wird, was deutlich erkennbar ist aus der Seitenzahl vom 30. Dezember 2002, 09:11 Uhr: 3.083.324.652 Web-Seiten (über drei Milliarden Web-Seiten). In weniger als fünf Monaten ist das Archiv von Google um 1.009.906.421 (über eine Milliarde) Web-Seiten größer geworden! Für viele Nutzer des Internets ist Google zum Standardwerkzeug geworden und viele öffnen ihren Browser automatisch mit Google als Startseite.

Im letzten Jahr zeigte Google beispielsweise 12.102 Suchergebnisse mit der Zieladresse www.eve-rave.net an, die den Suchern so interessant erschienen, daß sie den Link nutzten und auf einer unserer Seiten landeten. Im Jahr 2002 fanden fast genau doppelt so viele Nutzer den Weg zu www.eve-rave.net über die Suchmaschine Google als über Links anderer Domains. Im Jahr zuvor (2001) sah diese Relation noch völlig anders aus. Damals fanden 3.725 Nutzer den Weg über Links anderer Domains zur Seite von Eve & Rave e.V. Berlin und nur 644 über die Suchmaschine Google, das heißt, damals fanden noch weit mehr als fünfmal so viele Nutzer den Weg zu www.eve-rave.net über Links anderer Domains als über Google, im Jahr 2002 waren es nur noch halb so viele.

"Im Verlauf der letzten Jahre hat sich Google weltweit zur bedeutendsten Suchmaschine entwickelt. Maßgebend verantwortlich hierfür war neben einer hohen Performance und einer großen Benutzerfreundlichkeit vor allem die anderen Suchmaschinen teilweise weit überlegene Qualität der Suchergebnisse. Diese Qualität der Suchergebnisse beruht ganz wesentlich auf dem PageRank-Verfahren." So heißt es im "Google PageRank - Ein Überblick":

http://pr.efactory.de/d-index.shtml

"Das PageRank-Verfahren bewertet damit grundsätzlich nicht Websites in ihrer Gesamtheit, sondern basiert ausschließlich auf der Beziehung einzelner Webseiten zueinander. Der PageRank einer Seite A bestimmt sich dabei rekursiv aus dem PageRank derjenigen Seiten, von denen ein Link auf die Seite A zeigt." Siehe: Der PageRank-Algorithmus:

http://pr.efactory.de/d-pagerank-algorithmus.shtml

Von der Theorie her klingt das sehr vernünftig, doch die Praxis sieht ganz anders aus. Die Ergebnisse entsprechen nicht im geringstem dem vorgeblich angewendeten Algorithmus. Dies zeigt beispielsweise das Ranking der Ergebnisse mit dem Suchbegriff www.eve-rave.net. Die folgende Tabelle zeigt in der linken Spalte die ersten zehn genannten URLs, in der mittleren Spalte den Titel der angezeigten URL und in der rechten Spalte die Zahl der Links, die der Suchmaschine Google bekannt sind.

Ranking mit dem Suchbegriff www.eve-rave.net

Eve & Rave Schweiz (Google kennt hier 88 Links) erscheint erstmalig auf Rang 27, die Drugscouts (Google kennt hier 42 Links) erscheint erstmalig auf Rang 31 und Eve & Rave Münster (Google kennt 24 Links zu www.eve-rave.de ) erscheint überhaupt nicht, obwohl die Links von Eve & Rave Münster zu Eve & Rave Berlin weit über 1.500 mal genutzt wurden.

Filter nicht nur bei Google

Zensur bei Suchmaschinen (Ausschnitte des Artikels von Burkhard Schröder vom 22.7.2002)

http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/12948/1.html

Zensur liegt im Trend, auch und gerade bei Suchmaschinen. Der Heise-Artikel über eine geplante gemeinsame Filterliste hat bei den Betreibern für Aufregung gesorgt. Friedemann Schindler von www.jugendschutz.net hatte bei verschiedenen Treffen versucht, die Suchmaschinenbetreiber eine deklamatorische Verpflichtungserklärung unterschreiben zu lassen, um die prinzipielle Bereitschaft zu (abgestuften) Sperrmaßnahmen zu dokumentieren. Es sei ein Austausch von Keyword- und Adressenlisten vereinbart worden, die Abwehr unzulässiger Fundstellen in Suchmaschinen zu effektivieren. Allesklar, altavista, web.de und webseek/ /infoseek stellten laut Schindler Listen zur Verfügung, die über einen zugangsgeschützten Bereich auf einem Server von www.jugendschutz.net verteilt wurden.

Auch jugendschutz.net würde zu diesem Austausch gerne beitragen, muß die Weitergabe von Daten aber auch an Bedingungen knüpfen (z.B. keine Weitergabe an Dritte). Es sollte also geheim bleiben, daß Worte wie abgespritzt und Wolfsrudel laut www.jugendschutz.net sittlich gefährden. Wer qualifiziert ist, jenseits von eindeutig strafrechtlich relevanten Inhalten politisch in gut und böse einzuordnen, darüber ist nichts zu erfahren. Die Methode trial and error herrscht vor.

Sandra Goetz, Pressesprecherin von Lycos Deutschland, die auch für Fireball und Hotbot aus dem Hause Bertelsmann Auskunft gibt: eine Liste von Wörtern, die bei einer Anfrage nicht berücksichtigt werde, existiere nicht. Die Verpflichtungserklärung von www.jugendschutz.net liege aber zur Prüfung in der Rechtsabteilung. Man sei dabei, einen Bereich zu schaffen, im dem Keywordlisten hinterlegt werden können. Interessant ist die Antwort auf die Frage, ob Lycos bei bedenklichen politischen Websites redaktionell eingreife: Ich denke, daß Ihnen diese von allen Suchmaschinen bekannte Vorgehensweise bekannt ist, insofern verstehe ich Ihre Frage als rhetorische bzw. Suggestivfrage.

Drogeninformationen können "bedenkliche politische Informationen" sein!

In den Monaten Oktober, November und Dezember des Jahres 2002 fanden durchschnittlich etwas mehr als 1.500 Nutzer des Internets den Weg zu www.eve-rave.net über die Suchmaschine Google. In der ersten Februarwoche des Jahres 2003 waren es gerade einmal 35, was auf den ganzen Monat hochgerechnet eine Zahl von 140 ergibt. Die Zahl der genutzten Verweise hat innerhalb von zwei Monaten um mehr als den Faktor zehn abgenommen! Was war geschehen? Google hat sämtliche Pressemitteilungen, sämtliche Rechtstexte (mit vier Ausnahmen), sämtliche Drug-Checking-Informationen, sämtliche Texte zur Drogenpolitik (mit Ausnahme des 3. Kapitels aus dem "Drogenpolitischen Memorandum" und mit einer Ausnahme sämtliche Texte zur Drogenkultur herausgefiltert und für den Nutzer unsichtbar gemacht. Die Kritik an der regierungsamtlichen Drogenpolitik und an den Projekten der BZgA und des Bundesministeriums für Gesundheit war wohl für dieselben unerwünscht und auch anscheinend unerträglich. Da die Kritik Hand und Fuß hatte, das heißt stichhaltig war, und die letztgenannten Institutionen nicht wußten, wie sie erfolgreich kontern konnten, schien der bequemste Weg jener der Zensur zu sein.

Recherchen zeigten, daß auch andere Websites mit präzisen drogenpolitischen Inhalten von dieser Ausdünnung der Informationen bei Google betroffen waren. Die Nutzer des Internets reagierten jedoch konsequent und erstaunlich schnell. Die Anzahl der genutzten Verweise (Links) von anderen Domains stiegt sprunghaft auf etwa das Dreifache an und die Anzahl der Direktanwähler (direct request) verdoppelte sich nahezu im gleichen Zeitintervall.

Suchmaschinen im Vergleich

Viele Nutzer des Internets benutzen fast nur noch ausschließlich die Suchmaschine Google, obwohl andere - vor allem bezüglich Vernetzung - weit mehr Informationen liefern. So zeigen z.B. Fireball (gehört zu Lycos) und Altavista zu allen Websites von am SONICS-Treffen vetretenen Organisationen mehr Treffer zur Verlinkung (Vernetzung) an als Google, in einzelnen Fällen sogar ein Vielfaches, ja sogar bis zu zwanzig mal mehr Treffer!

Die einzige "Drogenseite", die bei Google mehr Treffer erzielt als bei Fireball ist die Seite des staatlichen Projekte www.drugcom.de (Projekt der BZgA). Vergleiche hierzu die Tabelle am Ende dieses Berichtes auf Seite 5.

Bei den gefundenen URLs scheint Google auf den ersten Blick die Nase bei vielen Websites vorn zu haben, doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, daß Altavista zwar in einigen Fällen weniger Treffer anzeigt, die Treffer jedoch vornehmlich Verzeichnisse beinhalten, die das Aufrufen vieler weiterer Seiten mit einem einzigen weiteren Mausklick ermöglichen, dem gegenüber Google jedoch von einem Text alle einzelne HTML-Views auflistet, so daß beispielsweise bei www.eve-rave.net 29 der 44 gefundenen Treffer sich auf einen einzigen Text beziehen.

Netzwerke und Verlinkung

Um der stetig anwachsenden Filtrierung (Zensur) entgegenzuwirken, ist es unabdingbar notwendig, sich vermehrt auf die Pflege der Linklisten zu konzentrieren, die Verweise mit informativen Texten zu versehen und generell die Linklisten zu vervollständigen, damit die Sucher nach Informationen im Netz in Zukunft weniger auf Suchmaschinen angewiesen sind als heute.

SONICS bezeichnet sich als Netzwerk - erst wenn die einzelnen Websites im Netz der an SONICS beteiligten Organisationen adäquat alle miteinander vernetzt sind, trägt SONICS den Name Netzwerk wirklich zurecht!

Tabellen

Gefundene Links zu verschiedenen Domains
Trefferzahl von verschiedenen Suchmaschinen

Gefundene URLs verschiedener Domains
Trefferzahl von verschiedenen Suchmaschinen

Die höchsten Werte der Trefferzahlen sind jeweils in violetter Farbe angezeigt.

Aufgerufene Seiten am "Openchaosworkshop - Drogeninformationen im Netz"

(Seminar über Strategien der Internet-Recherche mit Hans Cousto am 8. Februar 2003 im Chaoslabor, VogelsangerStr. 286 in Köln http://koeln.ccc.de/updates/2003-01-13_coustoseminar.html)

Liste der aufgerufenen Seiten (nicht in chronologischer Reihenfolge, Verzeichnis enthält nicht alle aufgerufenen Unterseiten) http://koeln.ccc.de/archiv/openchaos/custo_linkhistory.html